Ich fahre mit der S-Bahn und gegenüber von mir sitzen zwei Mädchen, jede der beiden hält ihr Handy in der Hand und ist in ihrer eigenen Welt. Die Fahrt dauert eine knappe halbe Stunde und die beiden wechseln kein Wort miteinander. An der Haltestelle stehen beide auf, gehen mit dem Handy in der Hand zur Tür und steigen aus.

Ich nehme an, dass die beiden Mädchen in irgendeiner Art und Weise zusammen gehören. Vermutlich sind es Freundinnen. Zumindest denke ich dies, da beide an der gleichen Haltestelle ein- und ausgestiegen sind und sich zielstrebig nebeneinander gesetzt haben, obwohl noch diverse andere Plätze frei gewesen wären.

Solche Verhaltensweisen bemerke ich öfter, wenn ich mit der Bahn fahre. Nicht immer sind es Freundinnen. Es sind genau so Pärchen, Geschwister, Eltern und Kinder, usw. Aber egal, wer da miteinander Bahn fährt, das Bild ist das Gleiche. Zwei Menschen, die auf ihr Handy schauen und in der eigenen Welt verschwinden.

Da kam mir die Frage in den Sinn

„Wann haben wir aufgehört miteinander zu reden“?

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als es etwas besonderes war ein Handy zu besitzen. Ich habe damals meine Eltern mit kreativen Argumenten überzeugt, warum ich unbedingt ein Handy benötige und war damit die Erste in unserer Familie, die „dieses neuartige Teil“ besaß. Als mein Vater ein paar Tage später mit dem exakt gleichen Modell  nach Hause kam, war ich todunglücklich. Das „Besondere“ wurde mir kaputt gemacht.

Trotzdem freute ich mich immer mit meinen Freunden und vor allem mit meinem damaligen Freund in Kontakt stehen zu können. Egal wo man war konnte man miteinander SMS schreiben. Ja, damals schrieben wir noch SMS und überlegten gut, was wir schrieben. Dabei entwickelten wir die kreativsten Abkürzungen, schließlich hatte man nur eine begrenzte Anzahl an Zeichen und jede Nachricht kostete. Dann kam schon mal eine Nachricht mit „WGD?WMD?TBDOM?“ Ich glaube, wenn ich heute solch eine Nachricht bekäme bräuchte ich Stunden um den Text zu übersetzen. Damals war es total klar, was es heißt. Und obwohl wir regelmäßig in SMS Kontakt standen, haben wir uns regelmäßig gesehen oder ganz viel telefoniert.

Mein Rekord lag bei 8 Stunden telefonieren. Wir haben miteinander geredet, haben uns auf das Telefonat konzentriert und waren nicht mit x Sachen nebenbei abgelenkt. So viel konnte man auch nebenbei nicht machen, denn telefonieren mit Headset kannten wir noch nicht.

Diese Stundenlangen Telefonate haben meine Eltern oft in den Wahnsinn getrieben. Es gab nämlich nur einen Anschluss und parallel ins Internet zu gehen war nicht möglich.

Heute ist es fast undenkbar so lange zu telefonieren. Es gibt ein paar wenige Freunde, mit denen ich in unregelmäßigen Abständen mal eine knappe Stunde telefoniere. Der meiste Kontakt beschränkt sich heutzutage jedoch leider auf den Austausch von Nachrichten.

Die Nachrichten sind ja auch so schön praktisch. Einfach schnell den einen Gedanken, der unbedingt mitgeteilt werden will, schreiben. Mal eben schnell die eine Frage schicken, die man ja noch hatte. Dabei ist es völlig unerheblich, ob der „Gesprächspartner“ gerade in dem Moment Zeit für dich hat oder nicht. Die Antwort darf dann auch verzögert kommen. Oder auch nicht. Denn, wenn nicht unmittelbar eine Antwort kommt, folgen zahlreiche Nachrichten, ob alles okay sei, warum man nicht reagiere. Man mache sich solche Sorgen. Was aber nicht getan wird, ist, zum Telefonhörer zu greifen und anzurufen. Sollte das nicht der richtige Weg sein? Wenn ich dringend eine Antwort haben möchte, oder ich mir „solche Sorgen“ mache, rufe ich dann nicht an? Ist das nicht sicherste Weg, die Person zu erreichen?

Fluch und Segen zugleich.

Dieser ungezwungene Austausch ohne Raum und Zeit kann sehr angenehm sein um soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. Man muss keine Zeitfenster finden, in denen beide Seiten Zeit haben. Man meldet sich, wenn man eben Zeit hat und der Kontakt ist viel häufiger, als wenn man nur miteinander telefoniert.

Allerdings können viele Themen ohne eine unmittelbare Reaktion auch zu Missverständnissen führen. Bei dem schriftlichen Austausch fehlen sämtliche Emotionen. Die Interpretation liegt einzig und allein beim Empfänger.

Mir stellt sich da des Öfteren die Frage, ob nicht eigentlich die Qualität vor der Quantität des Kontaktes liegen sollte und wir versuchen sollten, zu unseren Herzensmenschen einen Kontakt zu pflegen, der nicht nur zwischen Tür und Angel dazwischen geschoben ist, sondern, für den man sich Zeit nimmt? Zeit dem Anderen zuzuhören, auf ihn einzugehen und mit voller Aufmerksamkeit dazu sein? Auch, wenn dies bedeutet, dass der Kontakt dadurch seltener wird, dafür aber intensiver.

Ich denke, dass wir uns alle nach dieser Aufmerksamkeit sehnen und deswegen möglichst viele Kontakte haben wollen, um immer von irgendjemanden diese Aufmerksamkeit zu erlangen. Dass diese Aufmerksamkeit nur Mittel zum Zweck ist und ein tiefgründiges Gespräch nicht ersetzen kann, vergessen wir in dem Moment.

Eine gesunde Mischung wäre genau das Richtige. Lange, ausgiebige und tiefgründige Gespräche am Telefon oder noch besser persönlich und für das kleine Lebenszeichen zwischendurch die Nachrichten. Und gerade in den persönlichen Momenten, und sei es nur während einer gemeinsamen Bahnfahrt, sollte man das Handy einfach mal Handy sein lassen und seinem Gegenüber Aufmerksamkeit schenken.

Wie handhabt ihr das? Pflegt ihr eure Kontakt rein digital, oder legt ihr Wert auf den persönlichen Austausch?